Der besondere Denkmaltag in Wurzen

Alte Mauern und junge Mädchen


Am 11. September 2011 ist der Tag des offenen Denkmals. Das diesjährige Thema lautet "Romantik, Realismus, Revolution - Das 19. Jahrhundert" und der Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein unter Leitung von Dr. Jürgen Schmidt hat sich gemeinsam mit dem Museum unter Regie von Frau Dr. Sabine Jung etwas Besonderes einfallen lassen: Das Alte Rathaus am Markt wird vom Keller bis zum Dach inklusive des alten Stadtgefängnisses geöffnet. In den Rundgängen um 10, 13 und 15 Uhr sind unter Leitung des Stadtchronisten Wolfgang Ebert Details zum Gebäude und spannende Geschichten vergangener Zeit zu erfahren. Die Rundgänge dauern ca. eine Stunde und enden in der Galerie. Hier wird unter Leitung der Tanzpädagogin Burga Kühn die Tanzklasse der Musikschule Wurzen ein Programm darbieten. Danach führt Frau Dr. Sabine Jung durch die Galerie-Ausstellung "Meisterhaft Musterhaft - Georg Bötticher der fast vergessene Künstler und Vater von Ringelnatz". Anschließend erwartet die Teilnehmer ein kleiner Umtrunk. Das Rathaus ist seit 1519 an der Südwestecke des Marktes bezeugt. Es brannte im gleichen Jahr nieder, der Neubau wurde in der Kreuz- und Marterwoche 1637 zerstört. 1722 war das nach dem 30jährigen Krieg errichtete Gebäude bereits wieder baufällig und musste ersetzt werden. Das barocke Rathaus fiel dem Stadtbrand von 1802 zum Opfer. Ein Jahr später war das gegenwärtige Rathaus bei einem Kostenvoranschlag von 15.735 Talern fertig gestellt: ein schlichter klassizistischer Bau mit Turm. 1993 bis 1995 erfolgte die grundlegende Sanierung. Unter anderen wurde der Dachstuhl komplett von Zimmerermeister Hannes Döhler aus Dahlen originalgetreu erneuert. Es wird als Meisterstück der Zimmerbaukunst zu bestaunen sein. Wurzens berühmter Bürgermeister Dr. Friedrich Seetzen beklagte nach dem ersten Weltkrieg den Zustand des Rathauses. Es sei schon seit langem unzugänglich gewesen. Der Bürgermeister verfüge nicht einmal über ein eigenes Arbeitszimmer und müsse sich mit einem Tisch im Ratszimmer behelfen. Unmittelbar über seinem Arbeitsplatz sei Deckenputz herunter gefallen und hätte ein geordnetes Arbeiten erschwert. Erst mit dem Umzug der Verwaltung in die frei gewordenen Infanteriekaserne, dem heutigen Stadthaus, besserten sich diese Umstände. Mit Bürgermeister Julius Theodor Schmidt wehte auch ein Stück Revolution durch das Rathaus. Am 31. Juli 1847 fand erstmals eine öffentliche Stadtverordneten-Versammlung statt, die Vorsteher Langbein euphorisch als eine neue Epoche im öffentlichen und politischen Leben der Stadt würdigte. Schmidts Vorgänger Robert Julius Sulzberger verfasste 1843 ein realistisches Reformwerk mit Zukunftswirkung, das "Localstatut". Es kann als Stadtgesetz oder nach heutiger Lesart als eine Hauptsatzung bezeichnet werden. Heute ist das Rathaus ein Ort des geistigen Lebens und bietet mit Bibliothek und Galerie eine hervorragende Adresse für das Wurzener Land. Wir laden alle Interessierten zum Tag des offenen Denkmals ein.

Dr. Jürgen Schmidt
Vereinsvorsitzender

Fotos: Kühn

Fotos: Junge Mädchen der Tanzklasse der Musikschule unter Leitung von Burga Kühn werden in der Galerie auftreten und den Rundgängen die ganz besondere Note geben. Wir können gespannt sein.