Der Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein trauert um sein Gründungs- und Ehrenmitglied.

"Ein frohes Leben" betitelte Richard Klinkhardt seine Lebenserinnerungen, die er in den letz-ten Jahren niederschrieb. In erster Linie als eine Art Vermächtnis für seine Nachkommen ge-dacht, benutzte er dazu umfangreiche schriftliche Überlieferungen aus seinem Familienar-chiv; und er geriet zuletzt zunehmend in Sorge, dass ihm trotz der ihm eigenen Disziplin und Konzentration der Abschluss seiner Arbeit nicht mehr vergönnt sein könnte. Seine Sorge war berechtigt. Vierzehn Kapitel umfasst jetzt die Rückschau auf sein Leben: Erlebtes und Ge-dachtes aus den ersten, aber formenden drei Jahrzehnten eines Menschen, der zuletzt fast ein Jahrhundert überschaute und für viele aus unserer Stadt und darüber hinaus erinnernd und mahnend aus der Vergangenheit ragte, der immer Beachtung, zunehmend Anerken-nung, zuletzt auch Bewunderung erfuhr. Nicht erst seine umfängliche "Geschichte der Wur-zener Industrie" rückte ihn 2005 ins öffentliche Interesse, viele heimatkundliche Beiträge im "Rundblick" oder in der LVZ hatten ihn schon lange vorher als einen gründlich und umfas-send recherchierenden Autor bekannt gemacht.
Jetzt hat der Tod Richard Klinkhardts Erinnern, Nachdenken und Überliefern für uns ein Ende gesetzt. Dabei hätte er noch so viel zu berichten gehabt: Nach seiner Rückkehr aus der französischen Kriegsgefangenschaft 1948 begann ja eigentlich erst sein Berufsleben, sein Familienleben, seine Arbeit als Unternehmer, sein Wirken als solcher in einer Gesell-schaft, in der seinesgleichen als Klasse eigentlich liquidiert werden sollten. Richard Klink-hardt durchlebte und überlebte auch die vier Jahrzehnte Staatssozialismus: als Unterneh-mer, Betriebsleiter eines verstaatlichten Familienunternehmens, als umtriebiger und "nerven-der" Stadtverordneter, als vielseitig interessierter und engagierter Bürger. Und er ergriff nach 1989 noch einmal - nun bereits Rentner - die Initiative: in seinem alten reprivatisierten Betrieb, als Autor von heimatgeschichtlichen Aufsätzen. Er blieb immer dicht dran am Leben, sei es nach Niederlagen oder schmerzlichen Verlusten, oder wenn es sich einzumischen galt. So blieben ihm Sympathien, so wuchsen ihm auch neue Freunde zu, so konnte er auch auf stete Zuwendung hoffen.
Ab jetzt wird er schweigen. Seine Erinnerungen an die ausfüllenden und turbulenten zwei Drittel seines Lebens werden nicht niedergeschrieben. Aber er wird lange nicht vergessen werden. Weil er als ein Beispiel stehen kann: Wie vielsagend ist es, wenn ein auch nach heutigem Ermessen sehr alter Mensch - trotz aller sich einstellender körperlicher Hinfällig-keit - noch im Vollbesitz seiner Geisteskraft bleibt und über seinen Lebensbericht schreibt - Ein frohes Leben.

Wolfgang Ebert
(im Namen des Vereinsvorstandes)